"Gesichter werden gleich geblieben sein
sie lassen Luft von einst in sich gerinnen
darunter auch die unseren von damals"
Vittorio Sereni
Die Zuschauer sind zu einem musikalischen Bankett geladen: 13 Menschen zwischen siebzig und neunzig Jahren treten aus dem gemeinsamen Fest hervor. Sie erzählen Geschichten über die Liebe. Diese Geschichten sind nicht ihre eigenen Geschichten, sondern Ausschnitte aus Gesprächen, die mit älteren Menschen an verschiedenen Orten geführt wurden. Die ErzählerInnen treten wie Gestalten aus einer fernen Zeit aus dem Bühnenraum hervor und entwerfen mit ihren Geschichten Bilder vom Glück oder Unglück der Liebe. Dem in den Volksliedern von Brahms besungenem Ideal von der romantischen Liebe stehen Geschichten gegenüber, die der Utopie vom vollkommenen Liebesglück nur bedingt gerecht werden. Die Erzähler greifen auf Lebensgeschichten anderer Menschen zu. Fremde Erinnerungen werden von einem zum anderen gereicht und austauschbar gemacht. Im Spiel mit ihnen werden die Erzähler zu Erfindern neuer Geschichten. Die Erinnerungen drängen sich zwischen die Musik, werden von ihr ausgelöst, vorangetrieben. Musik macht Erinnerung wahr, färbt sie, schafft Zusammenhang. Die Erzähler binden sich nicht an konkrete Figuren. Sie werden nicht von Übermut geleitet, stellen sich nicht in den Mittelpunkt. Sie sind Teil eines großen Gemäldes, werden von der Musik zum Leben erweckt oder dienen als Zierde. Sie erzählen von der Liebe, wie ein Traum es tut. Ihr Auftreten bleibt unvorhersehbar, oft angedeutet und launenhaft, wie die Erinnerung selbst. Bilder vom Glück und Unglück der Liebe werden entworfen. Dazu spielt die Osttiroler Musicbanda Franui die Deutschen Volkslieder von Johannes Brahms: Lieder, die von Zuneigung und Abschiednehmen erzählen, von Liebestollheit, Verlust und abgrundtiefer Trauer. Der Titel des Abends entstand aus der Verknappung einer Liedzeile – Nur ein Gesicht auf Erden lebt – und hat wie die Musik von Franui eine schöne Vieldeutigkeit: Ein Gesicht ist bekanntlich etwas, was man unter allen Umständen wahren soll. Wenn man aber eines hat, kann es sich auch um eine Vision handeln.
Termine und Besetzung
Premiere | Uraufführung am 27. Juli 2008
Gastspiele: Festival OdeonMusik im Odeon Wien, Festival Herzrasen am Neuen Deutschen Schauspielhaus Hamburg, 2010
Ein Musiktheaterprojekt mit der Musicbanda Franui und älteren Menschen aus Bregenz und Umgebung.
MIT Erika Bösch, Herbert Hammerschmidt, Wilhelm Kiesenhofer, Anni Kneringer, Hermann Kneringer, Eva Kollmann, Herta Ranner, Waltraud Röbbenack, Erwin Schuler, Marianne Stadelmann, Willi Stadelmann, Christiane Weis, Margit Uerdingen, Nikolai Tunkowitsch (Violine), Johannes Eder (Klarinette, Bassklarinette), Romed Hopfgartner (Sopran- und Altsaxophon, Klarinette, Bassklarinette), Markus Kraler (Kontrabass, Akkordeon), Angelika Rainer (Harfe, Zither, Gesang), Bettina Rainer (Hackbrett, Gitarre, Gesang), Cornelia Rainer (Bandoneon, Gesang), Markus Rainer (Trompete, Kornett, Gesang), Sylvia Rainer (Gesang), Andreas Schett (Trompete, Kornett, Gesang), Martin Senfter (Ventilposaune, Gesang), Andreas Fuetsch (Tuba, Gesang) | Regie Cornelia Maria Rainer | Text Angelika Rainer | Musikalische Leitung Andreas Schett | Komposition Markus Kraler, Andreas Schett (nach den Deutschen Volksliedern von Johannes Brahms) | Bühne/Kostüme Aurel Lenfert Presse
©2021 Cornelia Maria Rainer